Nachdem das Medium „TV“ bereits vollständig digitalisiert ist, steht dieses auch bei QVC als Unternehmen an. Was sind die größten Herausforderungen bei einer Unternehmensdigitalisierung bei einem Medienunternehmen? Wir sprechen in diesem Interview mit QVC CEO Mathias Bork u. a. über die größten Herausforderungen bei der Unternehmensdigitalisierung, den damit verbundenen Problemen und den Plänen, wie der Nutzen für die Kunden weiter ausgebaut werden soll. Viel Spaß beim lesen!

Christian/Rene: Was sind die größten Herausforderungen bei einer Unternehmensdigitalisierung?

Mathias: Unser Omni-Channel-Geschäftsmodell wird immer digitaler. Um beispielsweise das TV-Format zukunftstauglich zu gestalten, müssen wir immer wieder neue Impulse geben. Darunter fällt etwa der Einsatz von Virtual-Reality-Technologie, um den Kunden unsere Produkte in virtuellen Welten nach Hause zu bringen. Solche technischen Innovationen zu implementieren, bringt natürlich viele Herausforderungen mit sich. Trotz erfolgreichem TV-Geschäft und um sich weiter gegenüber dem Wettbewerb zu behaupten, bauen wir unsere digitalen Vertriebsplattformen und Social-Media-Kanäle laufend aus. So holen wir unsere Kunden überall ab – egal ob off- oder online.

Christian/Rene: Bei Fokus auf die Kundin – wie digital ist die QVC Kundin bereits im Jahr 2020?

Mathias: E- und M-Commerce sind seit Jahren Teil unseres Geschäftsmodells, beide Bereiche wachsen kontinuierlich. Und wir sehen darin auch zukünftig enorme Chancen für weiteres Wachstum. Für uns als Handelsunternehmen sind die digitalen Kanäle eine wichtige Säule neben TV, weil wir hier neue Kundengruppen erreichen, die im Schnitt jünger sind. TV bleibt dabei ein wichtiges Standbein, weil viele Kunden den Infotainment-Charakter und die Interaktion schätzen.

Unsere Kunden sind überwiegend weiblich und zwischen 35 und 64 Jahre alt. Diejenigen, die online einkaufen, egal ob männlich oder weiblich, sind generell jünger. Im letzten Quartal des vergangenen Jahres haben bereits 41 Prozent der Kunden online geshoppt, davon 73 Prozent über mobile Endgeräte.

Christian/Rene: Das Unternehmen in seinen internen Strukturen selbst zu digitalisieren ist sicher schon eine Herkules Aufgabe, aber wenn sowohl Medium, von TV zu eCommerce und Bestellweg von Telefon zu Webshop parallel digitalisiert werden, braucht man starke Digital-Führer, wer nimmt bei QVC diese Rolle ein? 

Mathias: Da die Digitalisierung im gesamten Unternehmen, also auf allen Levels stattfindet, sitzen bei uns überall Experten. Gemeinsam treiben wir die Digitalisierung des Unternehmens voran, denn der Team-Gedanke ist ein wichtiger Bestandteil unserer Unternehmenskultur.

Christian/Rene: QVC als amerikanisches Unternehmen schaut sicher über den großen Teich ins Headquarter, was können wir Europäer in Sachen Unternehmensdigitalisierung von der Amerikanern lernen?

Mathias: QVC als Teil der Qurate Retail Group geht in Sachen Digitalisierung als Innovator voran. Angefangen als reiner Teleshoppingsender entwickelte sich das Unternehmen in den vergangenen 20 Jahren zu einem der renditestärksten digitalen Handelsunternehmen und zu einem der führenden Omnichannel-Händler. Die Qurate Retail Group ist die Nummer eins im Video-Commerce weltweit und unter den Top 10 im E-Commerce in Nordamerika (Digital Commerce 360) und führend in Mobile- und Social-Commerce. Dafür arbeiten wir mit Kollegen aus anderen Ländern zusammen. Wir können ihnen unsere Erfahrungen weitergeben und im Gegenzug von ihren profitieren. Das zahlt sich aus. In Deutschland gehört QVC zu den renditestärksten Handelsunternehmen. Dass wir dabei erfolgreich sind, beweist zum Beispiel auch der erste Platz beim Deutschen Online-Handel Award 2020.

Christian/Rene: Und was können die Amerikaner von uns lernen?

Mathias: Als Gemeinschaftsprojekt haben wir im engen Austausch mit QVC Italien und UK als erstes Omnichannel-Unternehmen in Europa virtuelle Sets entwickelt. Als Pilotprojekt ging Virtual Reality zunächst bei QVC Deutschland an den Start, geplant ist, diese Technologie auch in den QVC Märkten UK und Italien einzusetzen. Solche Kollaborationen bringen die Digitalisierung voran.

Christian/Rene: Wie sieht Eure technische Infrastruktur aus? Was baut ihr selbst, wo setzt Ihr auf externe Lösungen?

Mathias: Wir vertrauen auf unsere eigene Expertise und sind mutig, neue Wege zu gehen. So setzen wir auch schwierige Projekte inhouse um, in denen noch keine Erfahrungswerte bestehen. Wir scheuen jedoch nicht, auf externe Dienstleister zurückzugreifen. Ein Beispiel ist die Entwicklung von Virtual Sets für unsere TV-Shows, die Virtual Reality Erlebnisse kreieren. Wir haben dafür länderübergreifend mit QVC UK und Italien zusammengearbeitet. Im Oktober 2019 lief die Testphase bei QVC Italien, im Januar diesen Jahres startete dann bei uns die Projektumsetzung. Dazu haben wir uns eng mit den Kollegen aus Italien und UK ausgetauscht. Für die Umsetzung haben verschiedenste Abteilungen miteinander gearbeitet, bestehend aus einem Broadcast-, Engineering- und Content-Team. Das QVC Team ‚Broadcast Experience‘ hat währenddessen unter unserer Leitung zusammen mit externen Dienstleistern an der idealen computergenierten Simulation gearbeitet. Das Pilotprojekt startete schließlich in Deutschland und wird in den nächsten zwei Jahren dann in UK und Italien zum Einsatz kommen.

Christian/Rene: Und welche Probleme schafft die Digitalisierung in diesem Zusammenhang?

Mathias: Wir stehen wie alle Unternehmen vor der Herausforderung, immer die besten Mitarbeiter zu rekrutieren und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Dabei müssen wir selektieren, welche Technologien wirklich zukunftsfähig sind und was sich lohnt auszuprobieren. Damit alle Kollegen die neuen Anforderungen meistern können und ihre Fähigkeiten stets erweitern, schulen wir sie umfassend. Ein sehr zeitintensiver Prozess.

Christian/Rene: Wie kann QVC mit Hilfe der Digitalisierung den Nutzen für die Kundin weiter ausbauen?

Mathias: Der vernetzte Kunde von heute wünscht sich Seamless Shopping – ein nahtloses Einkaufserlebnis über alle Kanäle hinweg. Und zwar genau dann, dort und so, wie er es sich vorstellt. Und dieses Erlebnis bieten wir ihm. Darüber hinaus verbinden wir die modernen Einkaufskanäle mit echten Geschichten. Wir haben das Storytelling rund um die Produkte perfektioniert. Dazu beraten wir und geben den Kunden die Möglichkeit, mit uns zu kommunizieren und interagieren. Es gibt Live-Chats während TV-Shows. Wir binden Kundenanfragen aus allen Kanälen in Liveshows ein und beantworten sie kanalübergreifend. Unser ausgezeichneter Kundenservice ist 24/7 via Telefon, Online und Social Media erreichbar.

Christian/Rene: Und wie schafft es QVC, die dabei gewonnenen Informationen so zu verarbeiten, dass Mehrwerte entstehen, wobei natürlich davon ausgegangen wird, dass ein juristisch sauberes Handling sich von selbst versteht? 

Mathias: Wir werten die Kundendaten datenschutzgetreu aus, und wir nutzen zusätzliche Quellen sowie Tools: Groß angelegte Kundensegmentierung, wissenschaftliche Zukunftsstudien oder regelmäßige Konsumentenbefragungen sorgen dafür, dass wir wissen, was unsere Kunden wollen. So können wir die Anregungen und Meinungen unserer Kunden in Service, Produktentwicklung und Unterhaltung mit einfließen lassen.

Christian/Rene: Wie sieht die Vision 2030 aus, sofern sie überhaupt kommuniziert werden darf?

Mathias: Dazu kann ich mich nicht äußern.

Christian/Rene: Wie sieht ein pragmatisch & knackiger universell einsetzbarer Digital-Tipp des QVC-CEO aus?

Mathias
: Wer Pionierarbeit leisten will, muss seinen Mitarbeitern die Freiheit geben, mutig zu sein, sich auszuprobieren, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Egal auf welcher Ebene!

Christian/Rene: Vielen Danke für das Interview!

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