Marketing und Softwareentwicklung befinden sich häufig in einem Ungleichgewicht zueinander, das sich negativ auf die digitale Transformation und Umsetzungsgeschwindigkeit auswirkt

eTribes White Paper zum Datengetriebenen Marketing 2018 (Maaß/Soltau)

Das Grundproblem: BWLer in Marketingabteilungen ohne technischen Hintergrund

Das Thema digitale Transformation wird nunmehr sehr mehreren Jahren wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf getrieben und sehr häufig geht es nur noch um die Frage „WANN“ man selbst ein hippes Thema wie Big Data angehen sollte. In unserer Unternehmer-/Beraterpraxis haben wir aber immer wieder festgestellt, dass das Thema digitale Transformation an sehr grundlegenden Dingen scheitert oder nur schwerfällig in Schwung kommt. Einer dieser Blocker ist das Missverhältnis zwischen Marketing und Softwareentwicklung, um den es in diesem Beitrag geht.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie z. B. im Marketing? Und wie viele Softwareentwickler stehen diesen gegenüber? In fast allen Unternehmen die sich in einem frühen Stadium der digitalen Transformation befinden existiert genau an dieser Stelle ein Ungleichgewicht: Einem Heer von Marketingmanagern – ohne technischen Hintergrund – stehen häufig nur wenige Entwickler gegenüber. Im Tagesgeschäft äußert sich dies in der Regel darin, dass wichtige Themen nur langsam bis gar nicht vorankommen, da die Softwareentwicklung bereits mit 80 Prozent Ihrer Zeit damit ausgelastet sind das Tagesgeschäft sicherzustellen und Fehler am Altsystem zu bewältigen. Im schlimmsten Fall müssen Softwareentwickler sogar Inhalte im Content Management System pflegen, da die Altsysteme schlichtweg nur mit IT-Wissen bedienbar sind. In so einer Situation helfen Themen wie Big Data etc. herzlich wenig, vielmehr gilt es die grundlegenden Arbeitsstrukturen anzufassen – was in der Regel immer mit Schmerzen einhergeht, die mal größer oder kleiner ausfallen. Ein Grundproblem liegt schlichtweg darin, dass viele Marketingleiter einen reinen BWL Hintergrund haben und z. B. nie selbst als Product Owner Kundenanforderungen erfasst und mit internen Entwicklungsabteilungen zusammengearbeitet haben und somit auch nicht wissen, wie man Marketing und Softwareentwicklung aufeinander abstimmt.

Daumenregeln zur Abstimmung von Markting und Softwareentwicklung

Damit kommen wir zu der grundlegenden Frage, wie eine Marketingorganisation aussehen muss: Sie muss in einem gesunden Gleichgewicht zwischen Marketing und IT aufgestellt sein. Ein erfahrener Product Owner für den Online Shop kann mit seinen Anforderungen z. B. sehr gut ein Scrum Team mit Arbeit auslasten, dass in den meisten Fällen zwischen 5 und 8 Personen umfasst – je nach Unternehmen können natürlich auch weitaus mehr Scrum Teams für einen Shop zuständig sein. Ähnliche Richtwerte lassen sich für alle weiteren Marketingkanäle treffen, die zum Teil mehr oder weniger großen Entwicklungsaufwand mit sich bringen.

Ein Blick in zahlreiche Unternehmen zeigt allerdings, dass gerade Unternehmen die sich am Anfang der digitalen Transformation befinden, in der Regel sehr kleine Entwicklungsbereiche haben – dies gilt im Besonderen für den Mittelstand, der im Vergleich zu Konzernen vergleichsweise wenig digitalisiert ist. Ebenso ist es nicht ungewöhnlich Unternehmen anzutreffen, die einen Großteil ihrer Softwareentwicklung in den letzten Jahren an Agenturen und Dienstleister ausgelagert haben, womit sie aus eigener Kraft heraus faktisch nicht handlungsfähig/schlagkräftig sind, wenn es um den Aufbau einer datengetriebenen Marketingorganisation geht: Die Fähigkeit die eigenen Kundenkontaktpunkte zu kontrollieren und intern steuern und anpassen zu können, ist jedoch eine der wichtigsten Voraussetzungen, der in den nächsten Jahren noch stärker als bereits heute den Unterschied zwischen moderaten und große Wachstumsraten ausmachen wird.

Welche Kompetenzen werden benötigt?

Die Herausforderung für viele Unternehmen besteht vor diesem Hintergrund in der Regel darin, dass die interne Marketingabteilung bislang nur wenig Digitalkompetenzen aufbauen konnte, die Komplexität im digitalen Marketing aber eher größer als kleiner wird: Ließen sich vor einigen Jahren noch mit wenigen isoliert gesteuerten Kanälen wie SEO oder SEA beachtliche Erfolge erzielen, existieren inzwischen immer mehr relevante Kanäle, die mit unterschiedlichsten Werbeformaten zur Traffic-Generierung bespielt und in Kombination miteinander eingesetzt werden. Ein schlagkräftiger Entwicklungsbereich stellt in diesem Zusammenhang nur eine notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung dar. Ebenso herausfordernd wie der Aufbau einer Entwicklungsabteilung ist, verhält es sich auch mit digitalen Marketingprofils. Sie müssen dazu in der Lage sein ihre Anforderungen (z. B. im Hinblick auf die Marketingautomatisierung) zu spezifizieren und mit dem Entwicklungsteam abzustimmen. Ein klassischer BWLer mit dem Studienschwerpunkt Marketing stößt hier in der Regel sehr schnell an seine Grenzen, da allgemeines Brand-Bla-Bla in der Regel nur bedingt hilfreich ist. Ein Marketing-/Kanalverantwortlicher muss vielmehr verstehen, dass die Umsetzung seiner Anforderungen auch entsprechende Freiräume für die IT erfordert, diese architektonisch sauber aufsetzen zu können, um eine zukünftige Wartbarkeit und Weiterentwicklung sicherzustellen. Erst aus der Kombination eines digitalen Marketingteams und einer schlagkräftigen Entwicklungsabteilung kann ein Unternehmen deutlich spürbar von einem datengetriebenen Ansatz profitieren.

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